Rechte Gewalt nimmt zu
Görlitz | Dresden. Die aktuellen Halbjahreszahlen 2007 der beiden Beratungsprojekte für Opfer rechter Gewalt in Sachsen (RAA Sachsen e.V. und AMAL-Hilfe für Betroffene rechter Gewalt e.V.) sprechen eine klare Sprache: Die beiden Beratungsprojekte erhielten im ersten Halbjahr 2007 Kenntnis von 139 Übergriffen (erstes Halbjahr 2006: 81, 2006 gesamt: 208) mit rechtsextremer bzw. fremdenfeindlicher Tatmotivation. Dies entspricht einem erheblichen Zuwachs an rechtsextremen/ und fremdenfeindlichen Übergriffen. Wöchentlich ereigneten sich in Sachsen mehr als fünf rechtsextrem motivierte Übergriffe. Im gesamten Jahr 2006 waren es vier Übergriffe pro Woche. Darüber hinaus muss von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden.
Rechtsextremismus als Dauerphänomen
Schwerpunkte der Übergriffe sind der Landkreis Mittweida (35), die Stadt Leipzig (19), die Stadt Dresden (11), der Landkreis Bautzen (10) sowie der Landkreis Leipziger Land (7). „Diese Zahlen lassen einen großen Anstieg rechtsextremistischer Angriffe für das gesamte Jahr vermuten, der mehr als besorgniserregend ist. Die Gesellschaft findet offenbar noch immer keine angemessene Antwort auf diese Gewalt. Deshalb ist es umso bedeutender und erfreulicher für uns, dass sich immer mehr Menschen
an uns wenden und derartige Angriffe melden.“, so der Mitarbeiter des Wurzener AMAL-Beratungsteams Jamil Jawabra.
Von den 139 Übergriffen waren in Sachsen 241 Personen direkt betroffen. In 111 Fällen wurde eine Anzeige erstattet. In 59 Fällen richteten sich die Übergriffe gegen nicht-rechte Jugendliche. Die zweitgrößte Betroffenengruppe bildeten mit 36 Vorfällen Menschen, die sich gegen rechtsextreme Tendenzen engagieren. Rassismus war in 28 Fällen als Tatmotivation zu verzeichnen. Erfahrungsgemäß erhöht sich die Anzahl der Übergriffe noch, da den Beratungsstellen in den kommenden Monaten weitere Angriffe aus dem 1.Halbjahr 2007 gemeldet werden. Die Beratungsprojekte zählen Vorfälle von Körperverletzungen, Nötigungen, Bedrohungen, Sachbeschädigungen und Brandstiftungen. Die Anzahl bekannt gewordener Vorfälle fremdenfeindlicher Beleidigung, Verwendung von verfassungswidrigen Symbolen, fremdenfeindlicher Diskriminierung und Mobbing werden dabei nicht berücksichtigt.
Im Rahmen ihrer Tätigkeit konnten die MitarbeiterInnen der Beratungsstellen bei 276 Beratungsgesprächen im ersten Halbjahr 2007 insgesamt 138 Personen bei der Bewältigung von Tatfolgen (direkt Betroffene 199 / indirekt Betroffene 39) unterstützen. Zu berücksichtigen ist, dass auch Betroffene, die in den vergangenen Jahren angegriffen wurden, im 1. Halbjahr 2007 beraten wurden. Ursache ist zum einen die in der Regel langfristige Dauer der Beratungen. Zum anderen nehmen Betroffene manchmal erst viele Monate bzw. sogar Jahre nach einem Angriff Hilfe in Anspruch.
“Rechtsextremismus ist kein vorübergehendes Phänomen, sondern muss als gesellschaftliche Dauerproblematik verstanden werden. Es ist unbedingt notwendig, kontinuierlich an der Sensibilisierung der Öffentlichkeit zu arbeiten. Dies erfordert einen langen Atem und gesamtgesellschaftliche Anstrengungen, was auch heißt, dass gegen Rechtsextremismus engagierte Projekte und Initiativen weiterhin auf die Unterstützung aus Bund und Ländern angewiesen sind.”, so RAA-Projektkoordinatorin Grit Armonies aus Dresden. Solange rechtsextrem und fremdenfeindlich eingestellte Menschen agieren, brauchen vor allem die Betroffenen Unterstützung und Solidarität auf breiter Basis. Letztlich wird sich vor allem daran erfolgreiches Handeln gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit messen lassen.
Kommentare (3)
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Arbeitslosigkeit und Rechtsextreme
von pia am 07.09.2007 - 14:03:39
Je höher die Arbeitslosigkeit im Land ist, desto mehr Rechtsextreme und Gewaltbereitschaft gibt es auch. Manche glauben hier "Anerkennung und Bestätigung in einer Gemeinschaft" zu finden.
brauner osten
von calimero am 09.09.2007 - 10:47:46
womit der verweis auf den "braunen osten" mal wieder an kraft gewinnt.
Antirechts
von Titus am 09.09.2007 - 21:49:22
Die Frage ist längst nicht mehr, ob man links, liberal, konservativ, öko oder rechts ist. Die Vernunft gebietet, dass der gemeinsame Nenner von allem, was "nicht-rechts" ist, immer größer wird.
Ich glaube wirklich nicht, dass der Osten "brauner" als der Westen ist. Das eigentliche Problem wurzelt doch in den vielen kleinen Voruteilen des Alltags gegenüber Farbigen und anderen Ausländern.
Da sind die Menschen in den Ballungszentren wesentlich toleranter als in der Provinz, wo Neues/Anderes eh ungewohnt ist. Nun ja, stimmt, im Osten gibt es außer Berlin kein wirkliches Ballungszentrum... vielleicht erscheint der Osten deshalb brauner?
Fakt ist allerdings, dass der Osten rapide verblödet und sich damit dem durchschnittlichen Westniveau annährt bzw. dieses noch über-, nein, untertrifft.
Im Osten entstehen regelrechte Hartz IV-Dynastien (beileibe nicht bei allen von Hartz IV Betroffenen, vor allem aber in bildungsfernen Schichten), die sich bereits reproduzieren und ihre Weltsicht vererben.
Wir brauchen nicht verbesserten Bildungszugang für alle, sondern gleiche Bildungspflicht für alle, wenn wir da rauskommen wollen. Dazu gehört auch, dass die Schule Kinder vor Freizeit im kultur- und interessenlosen Umfeld bewahren muss, indem sie selbst die Kinder in ihre Obhut nimmt. Wer das staatliche Erziehung als Elternersatz nennt, der soll´s tun - alles soll recht sein, wenn der Staat besser kann als die leiblichen Eltern.
- Quelle: Redaktion
- Geändert am: 06.09.2007 - 12:54 Uhr
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