Nicht die offizielle Meinung

Dresden. Mit einem offenen Brief hat sich der Landesverband Sachsen der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) bereits kurz vor Weihnachten 2010 an die sächsischen Bürgerinnen und Bürger gewandt. Der Text ist besonders für das ostsächsische Dreiländereck brisant, zeigt er doch auf, welche Folgen ein Personalabbau haben würde und wie es wirklich um die Sicherheit gerade in den Grenzregionen bestellt ist.

Polizeigewerkschaft informiert über "Verhalten und die Arroganz unserer politischen Entscheidungsträger"

Offener Brief

An die Bürgerinnen und Bürger des Freistaates Sachsen


Liebe Bürgerinnen und Bürger,

wir wissen, dass man in der Adventszeit eigentlich andere Dinge erledigt, als über Politik zu diskutieren. Dennoch haben wir entschieden, Sie über das Verhalten und die Arroganz unserer politischen Entscheidungsträger zu informieren.

In der letzten Woche beschloss der sächsische Landtag mit den Stimmen der CDUFDP-Koalition den Doppelhaushalt für die Jahre 2011/2012. Dort schrieben sie u. a. fest, dass bei der Polizei ein Stellenabbau in einer Größenordnung von bis zu 2.600 Stellen erfolgen soll.
Nach Aussage des CDU-Abgeordneten Volker Bandmann im Plenum am 14.12.10 wird dadurch die Innere Sicherheit nicht gefährdet. War es doch derselbe Herr Bandmann, der vor nicht allzu geraumer Zeit, das kurzzeitige Wiedereinführen der Grenzkontrollen verlangte, weil sonst den Eigentumsdelikten im Grenzraum kein Einhalt geboten werden kann.

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

es wird immer wieder behauptet, dass Sachsen eines der sichersten Länder in der Bundesrepublik ist. Als Beweis wird hierfür gern die Kriminalstatistik (kurz PKS) für Sachsen angeführt, die konkret Tendenzen / Steigerungen bzw. Absinken von Straftaten u. a. enthält.
In Zukunft hat die ganze Sache aber einen faden Beigeschmack, denn um Straftaten festzustellen, sie zu beanzeigen, sie aufzuklären und diese gerichtsverwertbar und damit die Täter einer gerechten Strafe zuzuführen, dafür sind Polizeibeamte zuständig und in der Pflicht!

Im Umkehrschluss bedeutet dies für Sachsen, dass in Zukunft weniger Straftaten bearbeitet werden können, nicht etwa weil die Bevölkerungszahl zurückgeht, sondern weil weniger Personal für das stetige Tagesgeschäft, sowie für die fortwährenden neuen Herausforderungen in der Kriminalitätsbekämpfung nicht ausreichend zur Verfügung stehen werden.

Bedenkt man, dass wir bis jetzt schon 900 Kollegen abgebaut haben, und aufgrund dieses Abbaus eine Vielzahl von Rechtsbrechern daher nicht zeitnah genug verfolgt werden konnten, so bedenke man auch die Tatsachen des zu Ende gehenden Jahres, als erstmalig zahlreiche Meldungen von Sportveranstaltungen, Demonstrationen usw. in Sachsen die Runde machten, dass diese wegen Polizeinotstand nicht durchgeführt werden konnten.

Was hat man Ihnen nicht alles versprochen und erzählt vor der Grenzöffnung.

Wir denken da an die Kennzeichenlesegeräte oder an die Aussagen, die Bundespolizei zieht keine Polizisten aus Sachsen ab. Jetzt hat man den Einwohnern an der Grenze erzählt, dass man die Grenzkriminalität mit „unberechenbaren Streifen“ zurückdrängen will. „Unberechenbare Streifen“, sie werden sicherlich fragen, was bedeutet das? Nichts anderes als taktisches Geplänkel, gleichbedeutend für zu wenig bzw. keine Polizisten.

Eine Vielzahl der Eigentumsdelikte in der Grenzregion wird gut ausbaldowert von organisierten Banden unterschiedlichster Nationen begangen, nicht etwa von irgendwelchen Gelegenheitsdieben. Es ist ein Frevel, dass von ihnen der Bevölkerung schon über „Bürgerwehren“ nachgedacht wird, wobei sie sich ungeahnten Gefahren aussetzen!

Nein, hier wird die ganze Kraft der sächsischen Polizei benötigt, ohne Stellenabbau und mit funktionierender Technik. Nur eine stete Präsenz der Polizei kann dem einen effektiven Einhalt gebieten!

Jetzt erzählt man Ihnen wieder Neues, vom Einsatz interaktiver Streifenwagen, der „Polizeidrohne“, mehr Bürgerpolizisten vor Ort und dass die Bereitschaftspolizei in voller Stärke erhalten bliebe. Die Wahrheit ist, der interaktive Streifenwagen kann nur funktionieren, wenn er ordentlich noch vor dem Stellenabbau erprobt wurde, die Kollegen mit der Technik vertraut gemacht werden und die Daten auch übertragen werden können.

Fragen Sie konkret nach dem Stand der Einführung des dafür notwendigen Digitalfunks, wie viel Jahre hängen wir hier in Sachsen mittlerweile hinterher.

Der Test der Polizeidrohne (Fliegendes Auge) hat ergeben, dass sie für die Überführung von Straftätern, z. B. bei Fußballspielen nicht geeignet ist, da sie nicht über Menschen eingesetzt (fliegen) werden kann.

Wenn man mehr Bürgerpolizisten einsetzen will, muss man sie ersatzlos aus anderen Bereichen abziehen.

Die Frage ist nur wo?

Die Bereitschaftspolizei muss, auch wenn sie laut Aussage vollständig erhalten bleibt, 100 Stellen abbauen. Tatsache ist, wir haben jetzt schon zu wenig Bereitschaftspolizisten, um alle Einsätze abzudecken.

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

wenn Sachsen sparen muss, dann wird immer bei Ihnen gespart. Seien es Sozialleistungen oder eben bei der inneren Sicherheit.

Fragen Sie doch einmal bei ihrem Abgeordneten nach, was er konkret dazu beiträgt. Fragen Sie auch, wer für Ihr Steuergeld haftet, welches nach wie vor in die Sachsen LB fließt?

Fragen Sie den Ministerpräsidenten Tillich, was ihn so besonders macht, dass er mehr verdienen muss wie die anderen Ministerpräsidenten der sogenannten vergleichbaren Flächenländern in der Bundesrepublik Deutschland.

Wir als Ihre Polizei werden nach wie vor alles in unserer Macht stehende tun, ihre Sicherheit im Freistaat zu gewährleisten. Helfen Sie uns dabei, hinterfragen Sie die Behauptungen der sächsischen Staatsregierung.

Dulden Sie nicht den Personalabbau bei Ihrer Polizei!

Hier ein Tipp an die Kommunalen Abgeordneten, Bürgermeister und Landräte, halten Sie im Interesse der Bürgerinnen und Bürger die Augen auf und lassen Sie sich nicht durch leere Versprechen die Sicherheit vorgaukeln.

Die derzeitige Gutsherrenpolitik hat schon jetzt genügend sozialen Schaden angerichtet.

Frank Conrad
im Namen des Landesvorstandes der DPolG


(gekürzt um einen Hinweis zu Rückfragen durch die Presse)

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  • Quelle: red
  • Geändert am: 22.01.2011 - 10:57 Uhr
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