Jugend im Knast
Sachsen. "Das Sächsische Jugendstrafvollzugsgesetz ist auf den Weg gebracht", erklärte Justizminister Geert Mackenroth heute in Dresden zu dem Gesetzentwurf, den das Kabinett in seiner jüngsten Sitzung zur Anhörung freigegeben hat. Der Vollzug der Jugendstrafe müsse konsequent auf eine straffreie Zukunft des Gefangenen ausgerichtet sein.
Sächsisches Gesetz zum Jugendstrafvollzug vorgelegt
Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber aufgegeben, bis Ende 2007 den Vollzug der Jugendstrafe auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen.
1. "Der Erziehungsauftrag beeinflusst sämtliche Regelungen des Gesetzes. Nach dem Grundsatz ´Fördern und Fordern´ möchte ich die Verantwortung der Gefangenen für die Gemeinschaft und sich selbst stärken. Sie sollen an ihrer Resozialisierung z.B. durch die Teilnahme an Therapieangeboten, an Ausbildung und Arbeit mitwirken", erklärte der Minister. Die Bereitschaft zur Mitwirkung kann nach dem Gesetzentwurf durch Vollzugslockerungen gefördert werden. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Lockerungen sind bei Jugendstrafgefangenen gegenüber den Voraussetzungen bei Strafgefangenen angemessen herabgesetzt. Pflichtverstöße haben vorrangig Erziehungsmaßnahmen zur Folge. Sollten Disziplinarmaßnahmen notwendig sein, so bleibt ihre Eingriffsintensität hinter denen des Erwachsenenstrafvollzugs zurück. Der Katalog der Disziplinarmaßnahmen wird modernisiert. Es gibt kein Zwangssparen mehr; vielmehr werden die Gefangenen zum freiwilligen Ansparen eines Überbrückungsgeldes motiviert.
Die Gefangenen sollen verstärkt an der Vollzugsplanung beteiligt werden. Dazu sollen die Bediensteten alle vollzuglichen Maßnahmen mit ihnen erörtern. Dies ist ein bedeutsamer Teil des Kommunikationsgrundsatzes, der im neuen Gesetz verankert werden soll.
2. Weiter erhöht werden die Sicherheit der Allgemeinheit und die Sicherheit in den Anstalten durch
- die Ermöglichung von Drogentests,
- das Verbot von Nahrungs- und Genussmittelpaketen, mit denen Drogen und Handys eingeschmuggelt werden,
- die Ermöglichung der optischen Überwachung der Besuche mit technischen Hilfsmitteln und
- durch eine gesetzliche Regelung zur Trennscheibe für den Besuch in außergewöhnlichen Fällen.
3. Der Entwurf berücksichtigt im besonderen Maße die Interessen der Opfer. So soll beim Gefangenen die Einsicht in die beim Opfer verursachten Tatfolgen geweckt und der Gefangene zur Schadenswiedergutmachung angeregt werden. Dafür kann nun auch das angesparte Überbrückungsgeld zur Verfügung gestellt werden.
4. Die schulische und berufliche Ausbildung der Gefangenen, ein Pfeiler auf ihrem Weg in die Gesellschaft, bekommt den Vorrang vor anderen Beschäftigungsmaßnahmen. Die Sozialtherapie für Jugendstrafgefangene wird gesetzlich verankert und weiter ausgebaut. Im Rahmen einer Sozialtherapie erhalten besonders gefährliche und behandlungsbedürftige Täter eine wissenschaftlich fundierte, personalintensive Betreuung und Behandlung, die speziell auf die Defizite dieser Tätergruppe eingeht. Sachsen hat als eines der ersten Bundesländer in der Justizvollzugsanstalt Zeithain eine Sozialtherapie für Jugendstrafgefangene eingerichtet; mit ihren 37 Haftplätzen ist diese Jugendsozialtherapie eine der größten im Bundesgebiet.
5. Jugendstrafgefangene sollen künftig regelmäßig in überschaubaren Wohngruppen untergebracht werden, die auch eine differenzierte Unterbringung unter Berücksichtigung von Alter, Strafzeit und begangener Straftat ermöglichen. Einerseits erlaubt das den jungen Gefangenen in der Anstalt soziale Kontakte, andererseits gewährleistet das aber auch einen ausreichenden Schutz vor wechselseitigen Übergriffen. Die Möglichkeiten zum Besuch der Jugendstrafgefangenen werden deutlich erhöht: von bisher monatlich einer Stunde auf vier Stunden. Darüber hinaus dürfen die Gefangenen zwei weitere Stunden Besuch von Angehörigen bekommen.
6. Die Möglichkeiten der Resozialisierung sollen weiter verbessert werden: Die Arbeit der Bewährungshilfe und der Führungsaufsicht auf der einen und des Vollzuges auf der anderen Seite werden besser vernetzt; ehemalige Gefangene können nach der Entlassung im Vollzug begonnene Maßnahmen fortführen. Dem Ziel der Verbesserung der Resozialisierungsbedingungen dient auch die Festschreibung bewährter sächsischer Vollzugspraxis, z.B. der heimatnahen Unterbringung im offenen Vollzug und der gesonderten Unterbringung von Gefangenen, die sich erstmals im Vollzug befinden.
Offenbar aber stieß der sächsische Reformwille an Grenzen, wie von Mackenroth zu erfahren war: "Nach der Föderalismusreform steht die Gesetzgebungsbefugnis für den Strafvollzug nunmehr den Ländern zu. Der Auftrag des Bundesverfassungsgerichts, ein Jugendstrafvollzugsgesetz vorzulegen, bot uns deshalb auch die fast einmalige Gelegenheit, im sächsischen Strafvollzug insgesamt gesetzlich nachzujustieren. Die derzeitigen gesetzlichen Regelungen aus dem Jahre 1976 sind in weiten Teilen überholt, bürokratisch und vernachlässigen neuere wissenschaftliche und vollzugliche Erkenntnisse. Die Verbesserungen, die wir mit einem neuen Gesetz schaffen, wollte ich nicht nur den Jugendstrafgefangenen, sondern auch den erwachsenen Strafgefangenen zugute kommen lassen. Leider hat dieses Gesetzesvorhaben beim Koalitionspartner keine Zustimmung gefunden; es bleibt aber auf unserer rechtspolitischen Agenda."
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Rückfragen an Pressesprecher Martin Marx
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- Quelle: Redaktion
- Geändert am: 20.05.2007 - 10:35 Uhr
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